Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten – Stellungnahme der Bundesregierung

Auszug:

Die Bundesregierung hält es anders als der Bundesrat nicht für zwingend geboten, sowohl die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen als auch die Einrichtung von Universalschlichtungsstellen in die Zuständigkeit des Bundes zu stellen. Die Bundesregierung weist im Übrigen darauf hin, dass die Einrichtung einer Universalschlichtungsstelle nur dann erforderlich ist, wenn das von der Richtlinie 2013/11/EU geforderte flächendeckende Streitbeilegungsangebot nicht durch privat organisierte Verbraucherschlichtungsstellen bzw. die bundesgesetzlich geregelten, sektorspezifischen Verbraucherschlichtungsstellen abgedeckt werde.

Weiter hat die Bundesregierung die Frage geprüft, ob für den Streitmittler im Regelfall die Befähigung zum Richteramt zu verlangen sei und dies abgelehnt. Sie ist der Auffassung, dass die anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen in verschiedenen Branchen tätig würden; die von ihnen zu bearbeitenden Streitigkeiten seien nicht in gleicher Weise rechtlich geprägt. Andere Personen könnten die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 VSBG ebenfalls erfüllen, wobei die Qualifikation des Streitmittlers von der Anerkennungsbehörde jeweils zu prüfen sei. Eine Klarstellung, dass die Befähigung zum Richteramt im Regelfall als Nachweis der ausreichenden Qualifikation des Streitmittlers ausreiche, sei entbehrlich.

Hingegen hält es die Bundesregierung – wie auch der Bundesrat – für wichtig, die Neutralität der Streitmittler zu sichern. Daher würden die §§ 6, 7 VSBG besondere Anforderungen zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit und Unparteilichkeit stellen und insbesondere Personen ausschließen, die unmittelbar zuvor für einen einschlägigen Interessenverband tätig gewesen seien. Die Bundesregierung werde vertieft prüfen, ob allein die paritätische Besetzung das den Streitmittler bestellenden Organs mit Vertretern von Verbraucher- und Unternehmensinteressen ausreiche, um Vorbehalte gegen die Neutralität des Streitmittlers wegen eines unmittelbar vorangegangenen Verbandstätigkeit auszuschließen. Für bestehende Schlichtungsstellen könne ergänzend zu der Übergangsvorschrift klargestellt werden, dass die vorherige hauptberufliche Tätigkeit in einer Funktion als Streitmittler einer (erneuten) Bestellung zum Streitmittler nicht entgegenstehe.
Die Bundesregierung steht weiter der Einführung von Streitwertgrenzen für private Verbraucherschlichtungsstellen ablehnend gegenüber. Es hänge vom jeweiligen Wirtschaftsbereich ab, welche Streitwertgrenzen dort allgemein vorkommen und könne daher vorgegeben werden.

Die Bundesregierung hat die vom Bundesrat erbetene Prüfung zu § 18 VSBG vorgenommen. Sie führt hierzu aus:

„Führt eine Verbraucherschlichtungsstelle Mediationen durch, so hat sie die Vorschriften des Mediationsgesetzes neben den Vorschriften des VSBG zu beachten; ausgenommen ist § 2 Absatz 1 des Mediationsgesetzes, da der Streitmittler der Verbraucherschlichtungsstelle feststeht. Die Richtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 136 vom 24.05.2008, S. 3) gilt nur für grenzüberschreitende Fälle und trifft zu den vom Bundesrat angesprochenen Punkten keine Regelungen, die im Widerspruch zu Vorschriften des VSBG stünden. Insbesondere steht das in § 13 VSBG in Übereinstimmung mit Artikel 8 Buchstabe b der Richtlinie 2013/11/EU vorgesehene Recht der Parteien, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten oder unterstützen zu lassen, nicht im Widerspruch zu Vorschriften des Mediationsgesetzes. Die Bundesregierung erinnert an § 2 Absatz 6 Satz 2 des Mediationsgesetzes, wonach der Mediator unter Umständen sogar verpflichtet ist, eine Partei, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnimmt, auf die Möglichkeit der Überprüfung einer Abschlussvereinbarung durch externe Berater hinzuweisen. Das vom Bundesrat in diesem Zusammenhang beanstandete Erfordernis, der Streitmittler müsse ausreichende Rechtskenntnisse besitzen, wird vom Bundesrat selbst an anderer Stelle als zu wenig weitgehend kritisiert (siehe Nummer 10). Die Bundesregierung sieht es als unproblematisch an, von dem Streitmittler einer Verbraucherschlichtungsstelle, der Mediationen durchführt, sowohl die nach § 6 Absatz 2 VSBG erforderlichen Qualifikationen als auch – ergänzend – die von § 5 des Mediationsgesetzes vorgegebenen Kenntnisse zu verlangen. Dies kommt in § 18 VSBG zum Ausdruck. Auch schließt § 15 VSBG (Beendigung des Verfahrens auf Wunsch der Parteien) nach Auffassung der Bundesregierung nicht aus, dass es weitere Gründe für die Beendigung eines Verfahrens geben kann, insbesondere wenn diese gesetzlich normiert sind wie im Falle des § 2 Absatz 5 des Mediationsgesetzes. Diese Vorschrift ist nach § 18 VSBG ergänzend anzuwenden, wenn die Verbraucherschlichtungsstelle Mediationen durchführt. Artikel 5 Absatz 4 der Richtlinie 2013/11/EU steht dem nicht entgegen, da es sich nicht um die Ablehnung der Durchführung des Verfahrens handelt, sondern um eine Beendigung im laufenden Verfahren. Auch aus Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2013/11/EU ergibt sich nichts anderes, da diese Vorschrift nur für Verfahren gilt, bei denen den Parteien vom Streitmittler ein Lösungsvorschlag zu unterbreiten ist.
Die Bundesregierung weist schließlich zu § 21 Absatz 1 VSBG (Mitteilung des Verfahrensergebnisses an die Parteien) darauf hin, dass sich aus dem Zusammenhang der Absätze 1 und 2 des Artikels 9 der Richtlinie 2013/11/EU ergibt, dass die in Absatz 1 genannten Vorgaben für alle Streitbeilegungsverfahren gelten, dagegen die in Absatz 2 genannten Vorgaben nur für diejenigen, die auf einen Lösungsvorschlag des Streitmittlers abzielen. Insofern könnte erwogen werden, die Geltung von § 2 Absatz 6 Satz 3 des Mediationsgesetzes für Mediationen vor Verbraucherschlichtungsstellen ausdrücklich auszuschließen. Es erscheint jedoch auch vertretbar anzunehmen, dass die Parteien mit der Teilnahme am Verfahren einer Verbraucherschlichtungsstelle zugleich der Dokumentation des Ergebnisses nach § 21 Absatz 1 VSBG zustimmen.“